Was Angehörige wissen wollen ...
Wir kümmern uns schon lange um unser mittlerweile erwachsenes krankes Kind. Wir fühlen uns zunehmend überfordert und schaffen es nicht mehr. Was können wir tun?
Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass eine räumliche Trennung zu einer deutlichen Entspannung der Situation beitragen kann. Ein solcher Schritt fällt nicht leicht. Trotzdem empfehlen wir, doch einmal darüber nachzudenken. Denkbar sind z.B. das ambulant betreute Wohnen in einer eigenen Einzelwohnung oder das Wohnen in einer betreuten Wohngemeinschaft.
Ein weitergehender Schritt wäre die Einrichtung einer Rechtlichen Betreuung für Ihr erwachsenes Kind. Hierbei handelt es sich nicht um eine Entmündigung: Eine Betreuung kann i.d.R. nur auf Antrag des betroffenen Kindes selbst bestellt werden, und zwar wenn und auch nur solange, wie Ihr Kind seine rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten nicht mehr alleine erledigen kann und hier Unterstützung braucht. Als Angehörige können Sie aber eine Betreuung anregen. Für viele Angehörige aus unserem Kreis und auch für die Betroffenen hat sich die Einrichtung einer Rechtlichen Betreuung als entlastend erwiesen. In unserer Beratung können wir gerne mit Ihnen darüber sprechen.
Auf dem Justiz-Portal NRW zur Betreuung können Sie sich das Formular "Anregung auf Betreuerbestellung" herunterladen. Die Entscheidung darüber trifft das Amtsgericht.
Mein kranker Sohn, meine kranke Tochter lebt von Sozialhilfe oder Grundsicherung. Wie kann ich meinem Kind etwas vererben, ohne dass die Sozialhilfeträger Zugriff darauf haben?
Durch ein sog. Behindertentestament können Sie erreichen, dass Ihr Kind mit Behinderung oder auch schwerer Erkrankung nach Ihrem Tod Vorteile aus einem elterlichen Nachlassvermögen erhält, ohne dass die Sozialhilfeträger Zugriff darauf haben. Ihrem Kind bleibt also trotz seiner Erbschaft die volle staatliche Unterstützung erhalten. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein solches Behindertentestament nicht sittenwidrig. Nähere Informationen dazu finden Sie z.B. in einem Ratgeber des Bundesverbandes für körper- und mehrfachbehinderte Menschen e.V. (bvkm) auf dessen Website zum kostenfreien Download: Broschüre „Vererben zugunsten behinderter Menschen“
In unserer Beratung können wir gerne mit Ihnen darüber sprechen. Die Broschüre ist i.d.R. auch in unserer Geschäftsstelle in Nippes erhältlich.
Wer hilft psychisch kranken Menschen (und ihren Angehörigen) in Köln?
Auch wenn die Daten, die auf der Internetseite der "PSAG Köln" stehen teilweise veraltet sind, bietet diese Seite einen guten Weg, gesuchte Hilfen zu finden: Einfach anrufen und nachfragen.
Das psychiatrische Hilfesytem in Köln
Wer ist die PSAG Köln?
Broschüre: Wer hilft psychisch kranken Menschen in Köln?
Wie kann ich helfen, wenn jemand aus der Familie oder dem Freundes-, Bekannten- oder Kollegenkreis in eine psychische Krise gerät oder zu geraten droht? Info zum MHFA-Ersthelfer-Kurs
Es ist wichtig, psychische Probleme bei Angehörigen, Freund*innen oder Arbeitskolleg*innen zu erkennen, auf die Menschen zuzugehen und Hilfe anzubieten. Denn je früher Betroffene professionelle Hilfe erhalten, desto höher sind die Chancen auf Gesundung.
So steht es auch auf der Website MHFA-Ersthelfer, der Seite für die Erste-Hilfe-Kurse für psychische Gesundheit (Mental-Health-First-Aid(MHFA)-Kurse). Dieses Kursprogramm steht unter der Trägerschaft des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim in Partnerschaft mit der Beisheim-Stiftung.
In den 12-stündigen MHFA-Ersthelfer-Kursen eignen Sie sich Grundwissen über verschiedene psychische Störungen und Krisen an. Sie lernen, rechtzeitig Probleme zu erkennen, Zugang zu den Betroffenen zu finden und ihnen dabei zu helfen, erfolgreich eine psychische Krise zu bewältigen. Sie erfahren, wie Sie gezielt unterstützen, informieren, Betroffene zu professioneller Hilfe ermutigen und weitere Ressourcen aktivieren können. MHFA Ersthelfer-Kurse wurden von professionellen Experten*innen und Betroffenen gemeinsam entwickelt und decken eine Vielzahl psychischer Probleme und Krisen ab.
Die Kurse werden deutschlandweit als Präsenz- und / oder Onlinekurse angeboten und sind kostenpflichtig. Die Gebühren sind je nach Anbieter unterschiedlich und liegen um 200 €, je nach Anbieter gibt es auch ermäßigte Gebühren (In Berlin z.B. gibt es den Kurs für Personen mit Wohnsitz in Berlin zurzeit kostenlos.).
Nähere Informationen zu Inhalten, Veranstaltungsorten, Terminen und Gebühren von MHFA-Ersthelfer-Kursen finden Sie auf der Seite MHFA Ersthelfer. In Köln bietet z.B. die Eckhard-Busch-Stiftung MHFA-Kurse an.
Einen persönlichen Bericht einer für Rat und Tat e.V. ehrenamtlich tätigen Beraterin zu diesem Kurs finden Sie unten auf unserer Seite Erfahrungsberichte.
Was tun im akuten Krisenfall? - Erste-Hilfe-Maßnahmen für psychische Gesundheit
Um die Qualität der Erste-Hilfe-Maßnahmen für psychische Gesundheit zu verbessern, die in den Ersthelfer-Kursen vermittelt werden, hat MHFA (Medical Health First Aid) Australia Richtlinien entwickelt, die auf Experten-Konsens beruhen und erprobte Maßnahmen enthalten. Die 15 Richtlinien - z.B. für den Umgang mit Depressionen, Panikattacken oder Psychosen - wurden übersetzt und für Deutschland angepasst. Sie finden sie auf der Seite MHFA-Ersthelfer: MHFA-Guidelines
Wann muss ich von einer psychischen Erkrankung ausgehen?
Ob eine psychische Erkrankung vorliegt oder nicht, kann letztlich nur ein Facharzt klar bestimmen.
Wenn Sie sich allerdings die Frage stellen, ob eine Person erkrankt ist oder nicht, sollten Sie sich ärztlichen Rat holen. Schon die Frage ist ein erstes Indiz.
Auch ein wichtiges Indiz ist das Leiden unter der Veränderung der Persönlichkeit.
Wie lange dauert die Krankheit?
Die Dauer einer psychischen Erkrankung kann nicht sicher vorausgesagt werden. So unterschiedlich wie die einzelnen Krankheitsbilder sind, so unterschiedlich sind die Krankheitsverläufe. Es gibt eine einmalige Erkrankung, immer wiederkehrende Erkrankungen und chronische Verlaufsformen. Ein Facharzt kann eine genauere Diagnose stellen, sichere Prognosen wird es aber kaum je geben können.
Wo gibt es weitere Hilfen für den Erkrankten?
Der Sozialpsychiatrische Dienst des Gesundheitsamtes bietet Betroffenen und Angehörigen eine (Erst-) Beratung an, ohne dass befürchtet werden muss, dass man damit aktenkundig wird. Er macht auch Hausbesuche, um die Situation vor Ort abzuklären.
Die Sozialpsychiatrischen Zentren (SPZ) in den Stadtteilen unterhalten Kontakt- und Beratungsstellen.
Was kann ich tun, damit es dem Kranken besser geht?
Das hängt von der jeweiligen Erkrankung ab. Dabei kann es hilfreich sein, wenn Sie sich über die Art der Erkrankung informieren und darüber, wie der Erkrankte seine Umgebung und andere Menschen wahrnimmt.
Wichtig ist, dass Sie lernen, gut für sich zu sorgen und sich abzugrenzen. Denken Sie daran, dass durch ein zu großes Mitleiden Ihre Kräfte aufgezehrt werden, oft genug, ohne dass dem Erkrankten daraus ein wirklicher Nutzen erwächst.
Weitere Hilfe zu diesen Fragen erhalten Sie in unseren Gesprächskreisen.
Wie soll ich mich bei Gewaltausbrüchen verhalten?
In der konkreten Situation steht zunächst Ihr eigener Schutz im Vordergrund. Weichen Sie aus (verlassen Sie die Wohnung) und holen Sie Hilfe (notfalls rufen Sie die Polizei). Versuchen Sie nicht, den Erkrankten selbst zu bändigen. Die Gefahren für Sie sind nicht beherrschbar. Auch Schläge heroisch auszuhalten, ist nicht angezeigt.
Gewalt ist immer Ausdruck dafür, dass auch für den Erkrankten selbst die Situation krisenhaft verläuft und unbeherrschbar wird. Jetzt muss eine Krisenintervention durch geschulte Kräfte stattfinden. Diese Hilfe in Anspruch zu nehmen, ist kein Verrat an dem Erkrankten, sondern der erste Schritt hin zu einer Behandlung und damit eine Chance, eine Besserung herbeizuführen.
Soll ich die Medikamente geben?
Zwar ist es Teil des Behandlungsplanes des Arztes, dass der Erkrankte die verschriebenen Medikamente auch einnimmt.
Aber es ist davor zu warnen, sich zum Krankenwärter des Erkrankten zu machen und massiv auf der Einnahme der Medikamente zu bestehen. Diese Rolle ist für Sie undankbar und für den (erwachsenen) Erkrankten auch nicht unproblematisch. Der Arzt hat dem Erkrankten schließlich zugetraut, die Einnahme des verschriebenen Medikaments selbst zu organisieren. Das bedeutet nicht, dass man überhaupt nichts sagen sollte, wenn man wahrnimmt, dass die Einnahme der Medikamente vergessen wird. Es sollte aber ein Hinweis sein und nicht mehr.
Oftmals meint der Erkrankte, wenn es ihm besser geht, er könnte jetzt das Medikament weglassen, denn es hat ja auch Nebenwirkungen. Hier können Sie auch nur darum bitten, dass er die Möglichkeiten, diesen verständlichen Wunsch zu verwirklichen, mit dem behandelnden Arzt bespricht. Ein abruptes Absetzen der Medikamente ist erfahrungsgemäß riskant.
Auch in dieser Frage erhalten Sie Unterstützung und Hilfe in unseren Gesprächskreisen.
Muss sich immer alles um den Kranken drehen?
Nein, im Gegenteil. Jedes Familienmitglied hat Anspruch auf Beachtung seiner Bedürfnisse. Sie brauchen in Ihrem Alltag auch ein wenig Normalität, Freiräume und Entspannung, sonst sind Sie in Gefahr, in einen Dauerstress zu geraten, der in Ihrer eigenen Erkrankung endet.Das nützt dann weder dem Erkrankten noch Ihnen.
Grenzen Sie sich ab, schützen Sie sich selbst vor Überforderung, lassen Sie nicht zu, dass Sie über Ihrer Fürsorge selbst krank werden.